Nordland-Trilogie: Steinfrühling by Stephen Baxter

Nordland-Trilogie: Steinfrühling by Stephen Baxter

Autor:Stephen Baxter
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Cross Cult
veröffentlicht: 2015-11-15T00:00:00+00:00


41

Die zweite Welle hatte das Boot umgeworfen.

Kirike schwamm hinauf ins Sonnenlicht. Er hustete und spuckte Wasser aus, das tief in seiner Kehle gesessen hatte. Er war so lang unter Wasser gewesen, dass seine Glieder zitterten, seine Brust schmerzte und sein Herz raste. Er hatte Angst um sich, seine Töchter, seine Familie, sogar um Heni.

Doch er war so erschöpft, dass er sich nur auf den Rücken drehen und im Wasser treiben konnte, während das heiße Sonnenlicht auf seinem Gesicht brannte.

Etwas berührte seine Hand. Es war Seetang. Die See war aufgewühlt und voll mit Pflanzen, die sich normalerweise an die Felsen am Meeresboden klammerten. Ein Kabeljau trieb an ihm vorbei. Er war groß, scheinbar unverletzt und tot.

'Halt dich fest.'

Die vertraute Stimme hatte hinter ihm gesprochen. Er drehte den Kopf und bedeckte seine Augen. Er sah eine starke, blutüberströmte Hand, die sich nach ihm ausstreckte. Henis Hand. Er ergriff sie.

Er wurde aus dem Wasser gezogen und landete wie ein großer Fisch auf dem Rücken im Boot. Wasser hatte sich im Rumpf gesammelt. Er setzte sich auf. Ihm fiel auf, dass er seine Stiefel verloren hatte, ein seltsames Detail. Das Boot war intakt, lag jedoch tief im Wasser.

Heni arbeitete. Er befestigte die Netze und Harpunen mit Stricken am Bootsrumpf. Er war so durchnässt wie Kirike und hatte seinen alten Hut verloren. Blut tropfte aus einer tiefen Schnittwunde an seinem Arm. 'Hat das Schwimmen Spaß gemacht? Dann kannst du jetzt ja arbeiten.'

'Arbeiten?'

'Das Boot ausschöpfen zum Beispiel.'

Kirike fand eine Holzschale und begann Wasser aus dem Boot ins Meer zu schütten. Er war entsetzlich durstig. Salzwasser brannte in seinem Mund und in seiner Kehle, aber ihre Wasserschläuche waren verschwunden.

Er sah sich um. Es war kein Land zu sehen. 'Wir sind aufs Meer hinausgetrieben worden.'

'Was gut ist. Je weiter draußen, desto sicherer.'

'Sicher wovor?'

'Der nächsten Welle.' Er sah Kirike an. 'Es gab bis jetzt zwei. Wieso also keine dritte?'

'Stimmt.' Kirike schöpfte schneller. 'Also paddeln wir nach Süden, bis wir auf die Küste stoßen …'

'Nach Norden', sagte Heni knapp. 'Wie gesagt, je weiter draußen, desto sicherer.'

'Darüber sollten wir noch mal reden.'

'Vielleicht. Schöpf weiter.'

Also schöpfte Kirike Wasser aus dem schräg liegenden Boot hinein in ein Meer, das von toten Fischen übersät war. Die gewaltige Welle hatte sie allein durch ihre Kraft umgebracht.

Die gewaltige Welle krachte auf Arga herab und trieb ihr die Luft aus den Lungen.

Auf einmal trudelte sie durch dunkles Wasser und ihr Kopf war erfüllt von einem tiefen, lauten Rauschen. Sie wehrte sich nicht gegen das Meer. Sie wusste, dass sie dem Wasser, das um sie herum kochte und brodelte wie noch nie zuvor, nichts entgegenzusetzen hatte.

Und sie wusste, dass sie nicht einatmen durfte. Sie konnte den Atem lange anhalten. Nicht umsonst hatte sie den Tieftauchwettbewerb beim Gebefest gewonnen. An diesem Tag hatte sie alle besiegt, und nun würde sie dieses seltsame Meer besiegen. Es war nur das Meer. Sie schwamm schon ihr ganzes Leben darin.

Sie versuchte nicht an Träumerin zu denken, an Novu und an Ana, die sie zurückgelassen hatte, als die Welle kam. Ana hatte das Kind nehmen müssen.



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